Farbtemperatur

Beim Nachdreh zum Film „Der letzte Mohikaner“ solle sich Regisseur Michael Mann über das orange Licht aufgeregt haben und er hätte in sein Megafon gebrüllt:
„Das stört, mach es aus“. Darauf hin der Lichttechniker:
„Michael, das ist die Sonne“.

Quelle: unbekannt
Ob sich dies Anekdote tatsächlich so zugetragen hat, sei dahingestellt. Jedenfalls schwankt die Farbtemperatur in unseren Breitengraden je nach Jahres- und Tageszeit ganz erheblich. Und wenn die Atmosphäre voller Staubpartikel ist, leuchtet das Abendrot sooo wunderschön.

Farbenstreit bei Dreh (eine nicht ganz fiktive Story, bei der wir die Namen geändert haben)
Peter produziert seinen ersten Werbespot und führt auch die Regie. Es geht um Bio Äpfel. Der Spot soll einen glücklichen Biobauer beim Pflücken im abendlichen Sonnenlicht zeigen. Seine Kamerafrau Isabel wirkt verzweifelt. Sie stoppt ständig den Dreh, fummelt an den Kameraeinstellungen herum und blickt nervös nach oben. Das mag Peter gar nicht. Schließlich hat er nur ein 1/2 Tages-Budget und es ist doch goldenes Oktober-Wetter.
Also wo ist das Problem?

Was Isabel so beunruhigt, ist das durch die Bewölkung wechselnde Spektrum des Tageslichts. Seine Farbtemperatur schwankt im Laufe eines Drehtages ganz erheblich.
Während uns diese Schwankungen im Alltag kaum auffällt, stellt der Wechsel zwischen direkter Sonneneinstrahlung und Beschattung Isabel vor ein Problem. Sie muss den richtigen Moment abpassen, um Bilder mit einigermaßen gleichbleibender Farberscheinung zu liefern.
Unser Wahrnehmungssystem gleicht die unterschiedliche spektrale Zusammensetzung des Lichts unbemerkt aus. Es führt unentwegt eine Art „dynamischen Weißabgleich“ durch. Das können zwar auch Profikameras, aber nicht in dem Maße, wie es sich Isabel wünscht. Damit eine Filmkamera die Farben des natürlichen Seheindrucks annähernd trifft, muss sie schnell auf den Wechsel reagieren, den Weißpunkt automatisch justieren, die Farbtemperatur anpassen, die Blende korrigieren usw. Das können Profi-Kameras schon recht gut, aber eines kann selbst die teuerste Kameratechnik nicht: Den menschlichen Sinneseindruck wiedergeben, und der hängt nicht von technischen Rahmenbedingungen, sondern von Emotionen ab. Peter sollte also ganz entspannt bleiben, auf die Fähigkeit der Kamerafrau vertrauen und das Ziel im Auge behalten. Schließlich geht es in seinem Werbespot ja darum, einen farblichen Look zu schaffen, der Lust auf den Genuss eines sonnen gereiften Bio-Apfels macht.
Kameraeinstellung ohne automatischen Weißabgleich bei konstant 5400K

Die drei Apfelbilder verdeutlichen wie sich die Farbtemperatur über den Tag hinweg ändert. Aufgenommen wurden sie bei diffusem Tageslicht an einem Tag im September: morgens kurz nach Sonnenaufgang, wenn die Sonne zur Mittagszeit im Zenit steht und abends kurz vor Sonnenuntergang. Darüber abgebildet das mittels Spektroskop dargestellet Licht-Spekrtum.

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